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20 CeraScoop – Herbst 2022 STARKE UND BREIT UNTERSTÜTZTE GENOSSENSCHAFTEN | Un Nouveau Chapitre   „Dank der Spender und der Genossenschaftler konnten wir das ein Gebäude in Fosses-la-Ville kaufen .“ – Valentine Charlot und Catherine Hanoteau Um zu begreifen, wie es zu diesem innovativen Projekt kam, sollte man einen Blick auf den Werdegang der beiden Mitbegründerinnen werfen ... Valentine Charlot und Catherine Hanoteau studierten Neuropsychologie und haben viele Jahre im Bereich des Alterns gearbeitet. Sie lernten sich 2010 in der ASBL Le bien vieillir kennen. Die Chemie zwischen den beiden stimmt sofort! Sie erkennen, dass sie eine Vision teilen, die über die Diagnose hinausgeht, und dass ihre praktischen Erfahrungen sie immer mehr dazu bringen, sich auf den Menschen an sich zu konzentrieren. Nach und nach entsteht die Idee, einen Ort zu schaffen, der eine Alternative zu einem Altersheim darstellt und den Patientinnen und Patienten, die sie täglich begleiten, gerecht wird. Anders empfangen Da zur Gründung einer Einrichtung mehr gehört, als mit dem Finger zu schnippen, beschließt das Duo, das Projekt schrittweise anzugehen. 2016 gründen sie die ASBL Un Nouveau Chapitre und öffnen an einem Tag pro Woche die Türen des Privathauses von Catherine. „Jeden Freitag von 2016 bis zur Pandemie haben wir etwa zehn Personen mit der Diagnose Alzheimer empfangen. Wir verbrachten den Tag gemeinsam und versuchten, auf ihre Wünsche, Bedürfnisse, Ressourcen usw. einzugehen. Wir konnten eine andere Sichtweise erleben; einen anderen Blickwinkel einnehmen, und das ist jetzt nicht einfach so dahingesagt ...“, berichtet Valentine Charlot. In der Tat werden Menschen im Pflegebereich noch viel zu oft aus dem Blickwinkel der Diagnose und des Defizits betrachtet, was eine ganze Reihe von Praktiken mit sich bringt, die auf Kompensation, Schutz, Überwachung .... ausgerichtet sind. Im Gegensatz dazu konzentriert sich der Ansatz unserer beiden Gesprächspartnerinnen auf die Ressourcen, das Potenzial und den Lebensweg eines jeden Menschen. Lernen durch Erfahrung „Die Cera-Genossenschaft war die erste Organisation, die uns ihr Vertrauen schenkte und Un Nouveau Chapitre im Rahmen der Kampagne „Ainés à vous de jouer“ (Senioren,jetzt seid ihr dran) unterstützte. Dank dieser Unterstützung konnten wir die ASBL weiterentwickeln und Erfahrungen sammeln. Als wir pandemiebedingt die Türen schließen mussten, haben wir entschieden, noch einen Schritt weiter zu gehen und diesen Ort des Zusammenlebens zu schaffen, von dem wir seit Jahren träumten“, führt Catherine Hanoteau aus. Das Duo wendet sich dem Programm „Do It Coop“ zu, um zu überlegen, welches Modell umsetzungsfähig ist. Und worauf fällt ihre Wahl? Die Aufnahmeaktivitäten im Rahmen der ASBL Un Nouveau Chapitre beizubehalten und eine Genossenschaft zu gründen, um das Konzept der Gemeinschaftshäuser zu starten. „Es ist sehr wichtig für uns, dass das Abenteuer von anderen Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen wird. Mit den Einlagen unserer ersten 66 Mitglieder haben wir bereits ein Kapital von fast einer Million Euro gesammelt und konnten ein Gebäude in Fosses-la-Ville kaufen. Wir sind dabei, es in fünf Wohnungen für Paare umzubauen, bei denen einer der beiden Partner an Alzheimer erkrankt ist“, berichten sie engagiert. Das Gemeinschaftshaus wird voraussichtlich im Winter eröffnet. Es soll eine freundliche, familiäre Atmosphäre in einem schönen, nicht-medizinischen Ambiente herrschen. Das Ziel ist es, sich dort wohl und „zu Hause“ zu fühlen und gleichzeitig von der Expertise der ASBL Un nouveau chapitre zu profitieren, die dort sieben Tage pro Woche Aktivitäten durchführen wird. Das ultimative Ziel des Projekts? Das Pilotprojekt soll als Beispiel dienen und in Wallonien und Brüssel reproduzierbar sein. Eine Initiative, die man gut im Auge behalten sollte! 


































































































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